Im Vorfeld des 127. Deutschen Ärztetages, der gestern in Essen begann, forderte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am Montag eine gesetzliche Veränderung des Off-Lable-Use bei der Arzneimittel-Verordnung, mehr Geld für die ambulante Weiterbildung sowie klarere Regelungen für Videosprechstunden in der vertragsärztlichen Versorgung.

Beim Off-Lable-Use von Arzneimitteln forderten die ärztlichen Vertreter, dass Regresse regelmäßig auf die Differenz der Kosten zwischen der wirtschaftlichen und der verordneten Leistung begrenzt werden sollten. Eine Integration der Off-Label-Verordnungen in die Differenzkosten-Berechnung hatte der GKV-Spitzenverband und die KBV bereits früher beschlossen. Danach hatte das Bundesschiedsamt allerdings 2022 entschieden, dass solche Verordnungen von der Differenzkostenberechnung auszunehmen seien. Hiergegen hatte die KBV dann vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erfolglos geklagt. Nun soll es der Gesetzgeber richten. Faire finanzielle Regelungen forderten die Vertreter außerdem für die ambulante Weiterbildung von Ärzten in Weiterbildung in den Arztpraxen und für die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten.

Zwei Ärzte
Die KBV-Vorstände Dr. Sibylle Steiner und Dr. Stephan Hofmeister sprachen auf der KBV-Vertreterversammlung am Montag über Digitalisierung und Gesundheitskioske. (Fotos: KBV)

Für eine patienten- und nutzerorientierte Digitalisierung im Gesundheitswesen sprach sich Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), auf der Vertreterversammlung in Essen aus. Die KBV sei bereit, Verantwortung für die Digitalisierung zu übernehmen und aktiv mitzugestalten. „Nicht das Ob ist Inhalt unserer Kritik, sondern das Wie“, betonte Steiner, die im März in den KBV-Vorstand gewählt worden war. Digitalisierung biete viele Chancen für die ambulante medizinische Versorgung von morgen. Allzu oft kreisten Digitalisierungsprozesse aber hauptsächlich um technische Machbarkeit, Standards, Kontrolle und Nachweispflichten. „Wir als KV-System wollen nicht nur über das technisch Notwendige und Machbare reden, sondern vor allem über digitale medizinische Versorgungskonzepte“, hielt Steiner dem entgegen.


Ein besonderes Thema der Digitalisierung waren die Videosprechstunden. Hier sprachen sich die Vertreter für strenge Zugangsregelungen zur Erbringung und Abrechnung der Leistung, ein reguliertes Verhältnis zwischen Präsenz- und Videosprechstunden sowie Maßnahmen der Kostendämpfung gegen die ungehemmte Leistungsausweitung in diesem Bereich aus.
Mehr Patientensteuerung hat Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, auch beim Thema der Gesundheitskioske gefordert. Die Linie des BMG klinge danach, als sei ärztliche Versorgung ein verzichtbarer Luxus, vor allem in der Grundversorgung. Hofmeister kritisierte das Bundesgesundheitsministerium. „Dort scheint man zu meinen: Wozu brauchen wir noch Ärzte, wenn es in Apotheken ,Versorgung to goʻ gibt mit Impfen und Blutdruckkontrolle, und in Gesundheitskiosken ,Versorgung lightʻ mit medizinischer Beratung zu was auch immer?“, monierte Hofmeister. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warf er vor: „Mit solchen Plänen schaffen Sie den Weg in eine echte Zwei-Klassen-Medizin!“


Hofmeister erinnerte auch an den gesetzlichen Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss, eine Richtlinie zum Ersteinschätzungsverfahren des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung zu verabschieden. Diese müsse nun schnellstmöglich kommen, um endlich eine nachhaltige Finanzierung zu sichern. Bei den Plänen der Regierungskommission für die Notfallversorgung bemängelte Hofmeister, dass augenscheinlich kein einziger Praktiker aus der ambulanten Versorgung mit am Tisch gesessen habe. Erund verwies auf den Vorschlag zur Besetzung der Bereitschaftspraxen. Die Empfehlung der Kommission bedeuten laut KBV letztlich nach Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), dass rund vier Millionen Patientenkontakte jährlich in der Regelversorgung wegfielen, weil Praxisärzte mehr Bereitschaftsdienste machen müssten. In der Folge rechnet das Zi mit einer Million zusätzlicher Besuche in der Notaufnahme. „Statt also die ambulante Regelversorgung zu stärken und die Notaufnahmen zu entlasten, hätte man am Ende das Gegenteil erreicht.“

Quelle: Update KBV-Vertreterversammlung

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare