Ingo Morell

Wie der Westdeutsche Rundfunk (WDR aktuell) am Montag berichtete, haben in Nordrhein-Westfalen (NRW) 2023 bereits acht Krankenhäuser Insolvenz angemeldet. Weitere Kliniken sind auf dem besten Weg in die Pleite. Diese Zahl nannte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Ingo Morell, im Interview mit dem WDR. Im Bundesgebiet seien bereits 40 Insolvenzen registriert worden. Was steht den Krankenhäusern noch bevor?

Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, erkennt dunkelrote Warnlampen in der Kliniklandschaft des größten deutschen Bundeslandes. (Quelle: WDR)
Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, erkennt dunkelrote Warnlampen in der Kliniklandschaft des größten deutschen Bundeslandes. (Quelle: WDR)

„Die Krankenhäuser müssen für 2024 mit empfindlichen Defiziten planen, die viele in eine wirtschaftliche Schieflage bis hin zur konkreten Insolvenzgefahr bringen. Der Grund: Die Bundesregierung gewährt den Krankenhäusern bisher weder eine ausreichende Kompensation für die inflationsbedingten Kostensteigerungen, noch sorgt sie dafür, dass die für das Jahr 2024 von ihr verabredete Tarifsteigerung von rund zehn Prozent gegenfinanziert wird“, stellt die Krankenhausgesellschaft NRW fest. Die Folge: Die Krankenhäuser müssen für das kommende Jahr hohe Verluste – teils im zweistelligen Millionenbereich – einplanen.

„Alle Klinik-Geschäftsleitungen stehen vor einer schwierigen Entscheidung: Sie wollen den Beschäftigten die verdiente Tariferhöhung zahlen. Denn damit werden die Wertigkeit ihrer Arbeit und ebenso die Attraktivität der Krankenhäuser als Arbeitgeber unterstrichen. Aber weil den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern das Geld dazu fehlt, bringen sie ihr Krankenhaus und damit viele, viele Arbeitsplätze in Gefahr“, beschreibt Morell die Lage. Diese Gefahr sei absolut real und konkret nachweisbar. Der Bundesgesundheitsminister habe es in der Hand, einen gefährlichen Abwärtsstrudel für die Daseinsvorsorge zu verhindern. Zwar bestreite Lauterbach die wirtschaftliche Notlage nicht, aber er weigere sich bislang, gegenzusteuern. Rational sei das nicht nachzuvollziehen. „Dabei darf es nicht bleiben.“

Kundgebung der NRW-Kliniken geplant

Mit einer großen Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag wollen die Beschäftigten der NRW-Kliniken auf die Notlage der Krankenhäuser aufmerksam machen. Unter dem Motto „Die beste Medizin: saubere Finanzierung“ fordern sie am 20. September 2023 ab 11:55 Uhr den Bundesgesundheitsminister zum Umdenken auf. „Die breite Unterstützung zeigt, dass die Sorge um die wirtschaftliche Stabilität der Krankenhäuser nicht nur die Klinikträger selbst umtreibt“, erklärt KGNW-Präsident Morell bei der Vorstellung der NRW-Allianz für die Krankenhäuser. Vielmehr sei es ein reales Szenario, dass die stationäre Gesundheitsversorgung durch eine drohende Insolvenzwelle, auch durch eine wirtschaftliche Schieflage, drastisch eingeschränkt werden müsste. Denn die Entwicklung treffe auch die Häuser, die bisher noch positive Ergebnisse vermelden konnten.

Zwei Beispiele nannte Morell am Montag „pars pro toto“ für die Lage der Krankenhäuser:

Das Klinikum Lippe mit rund 1.200 Betten erwartet nach einem positiven Ergebnis von fast 2,3 Millionen Euro im vergangenen Jahr für 2023 nun ein Minus von 7,6 Millionen Euro. Im nächsten Jahr wird dieses ohne Handeln der Bundesregierung auf 15 Millionen Euro hochschnellen. So sind die Sachkosten seit 2022 um 13 % oder 14,8 Millionen Euro gestiegen, 2024 werden es knapp 11 Millionen Euro (8 %) sein. Der gesetzlich gedeckelte Anstieg der Vergütung beträgt aber nur 4,32 % im laufenden Jahr. Der Anstieg der Personalkosten für 2024 – ohne die über das Pflegebudget abgedeckte Pflege am Bett – wird aktuell mit rund 5,6 Millionen Euro kalkuliert.

Das St. Marien-Krankenhaus in Siegen mit rund 380 Betten musste bereits das Jahr 2022 mit fast 1,6 Millionen Euro Verlust abschließen und erwartet im laufenden Jahr ein Defizit von 1,8 Millionen Euro. Aber unter den absehbaren Bedingungen für 2024 wird der Verlust auf 6,7 Millionen Euro klettern – getrieben von steigenden Personalkosten von rund 4,4 Millionen Euro (plus 8 %) sowie fast vier Millionen Euro höherer Sachkosten (5 %).

Quelle: WDR

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