Transplantationen sind anerkannte Behandlungsverfahren bei vielen Arten von Organversagen. Eine Transplantation der menschlichen Harnblase wurde jedoch aufgrund verschiedener Herausforderungen noch nie durchgeführt. Ein Forschungsteam der Keck School of Medicine der University of Southern California in Los Angeles, USA, hat deshalb eine Reihe präklinischer Studien durchgeführt, die wichtige erste Schritte zur Entwicklung von Techniken für die robotergestützte Blasentransplantation beim Menschen sind.

Präklinische Studien als Vorbereitung
Bei Patienten, deren Blase aufgrund von Erkrankungen im Endstadium unbrauchbar geworden ist, kann eine Zystektomie durchgeführt werden. Die Harnfunktion wird anschließend durch ein Umleitungsverfahren wiederhergestellt. Dieses Verfahren weist eine hohe Erfolgsquote auf, jedoch auch ein erhebliches Risiko für kurz- und langfristige Komplikationen.
Eine Perspektive bietet die Transplantation der Blase, die jedoch bislang aufgrund verschiedener Schwierigkeiten noch nie durchgeführt wurde. Ein solches Verfahren bringt viele technische Herausforderungen mit sich, unter anderem den chirurgischen Zugang zum tiefen Becken und die komplexe Anatomie der Blutgefäße in dieser Körperregion.
Dr. Inderbir S. Gill und sein Team führten eine Reihe grundlegender präklinischer Studien durch, um eine Technik der robotergestützten Blasentransplantation zu entwickeln. Die Studien umfassten drei Modelle der Autotransplantation:
- Lebendes Tiermodell an Schweinen, da der Harntrakt und die Blutgefäße der menschlichen Anatomie sehr ähnlich sind
- Menschliches Kadavermodell, um den Blutfluss in einem lebenden Patienten zu simulieren
- Spendermodell mit schlagendem Herzen an Spendern, die für hirntot erklärt worden waren
In allen drei Modellen verringerte sich die Operationszeit für die Transplantation mit zunehmender Erfahrung des Operateurs: von 10,5 auf 4,7 Stunden.
Beim Spendermodell mit schlagendem Herzen waren drei von vier robotergestützte Autotransplantationen erfolgreich und ergaben eine gute Durchblutung der transplantierten Blase. Der robotergestützte Ansatz ermöglicht im Vergleich zur offenen Chirurgie einen besseren Zugang zum tiefen Becken und eine bessere Kontrolle der Blutgefäße.
Transplantation als Behandlungsoption für ausgewählte Patienten
Auf der Grundlage der präklinischen Entwicklungsarbeit bereiten Dr. Gill und sein Team die erste klinische Machbarkeitsstudie zur Transplantation der Harnblase beim Menschen vor. Wenn es gelingt, die Technik der Blasentransplantation weiterzuentwickeln, könnte sie für einen ausgewählten Teil der Patienten zu einer praktikablen Behandlungsoption werden. Allerdings sind noch viele Fragen offen, darunter die langfristige Funktion der transplantierten Blase, die Notwendigkeit einer lebenslangen immunsuppressiven Therapie zur Vermeidung einer Abstoßung und die Akzeptanz der Transplantation bei Patienten im Vergleich zum üblichen Verfahren der Harnableitung.
Originalpublikation: Nassiri N et al. Robotic Bladder Autotransplantation: Preclinical Studies in Preparation for First-in-human Bladder Transplant. The Journal of Urology 223; 210(4): 600–10
Quelle: EurekAlert! (>> zur Pressemitteilung in englischer Sprache)